Geschichte

Die Geschichte des historischen Höchhus geht wahrscheinlich auf die hölzerne «Stevensburc» von 1133 zurück. Ganz jung ist hingegen die Geschichte des Offenen Höchhus – sie beginnt im Januar 2023. Beide Geschichten zeichnen wir hier nach.

Zu den einzelnen Kapiteln
Die Geschichte des Begegnungszentrums
Die Geschichte des historischen Höchhus
Die Sanierung des Höchhus von 2007/8

Die Geschichte des Begegnungszentrums

Am Freitagabend den, 28. April 2023 sagt das Steffisburger Parlament JA zum Kauf des Höchhus. Damit ist klar: Die Gemeinde Steffisburg übernimmt das Höchhus damit komplett von der Stiftung Höchhus. Der Kauf wird im Verlauf der nächsten Monate formell vollzogen. Wenige Stunden später, am Morgen des 29. Aprils richten über 20 Freiwillige von UND Generationentandem das Erdgeschoss des Höchhus neu ein. Innert 48 Stunden entsteht das Offene Höchhus – am Montag, 1. Mai 2023 sind die Türen zum Begegnungszentrum für die ganze Bevölkerung geöffnet.

Wie kam es dazu?

Spulen wir ein bisschen zurück. Seit der Sanierung 2007/2008 haben verschiedene PächterInnen im Erdgeschoss des Höchhus ein Restaurant betrieben. Das letzte Restaurant war Alegria. Dieses musste im Kontext von Corona am 1. August 2021 schliessen (Medienbericht). Anfang 2023 gab die Gemeinde Steffisburg bekannt, dass nun neue Lösungen für den Betrieb und die Öffnung des Höchhus gesucht würden. Ziel: Das Höchhus soll der Bevölkerung zu gute kommen. UND Generationentandem und der Gemeindepräsident Steffisburgs kamen miteinander in Kontakt. Entstanden ist das Projekt Offenes Höchhus. In atemberaubendem Tempo erarbeiteten die Verwaltung, der Gemeinderat und der Stiftungsrat der Stiftung Höchhus eine Lösung für den Betrieb des Höchhus. Am Freitag, 14. April um 10 Uhr schliesslich wurde das Vorhaben öffentlich (Mitteilung Gemeinde | Mitteilung UND Generationentandem).

Das historische Gebäude gehört aktuell der Stiftung Höchhus, die Nutzung bestimmt aber die Gemeinde Steffisburg. Die Gemeinde hat wiederholt viel Geld in das Höchhus – respektive für die Stiftung Höchhus investiert (etwa 2007 bei der grossen Renovation oder auch 2014). Dies, weil das Gebäude historisch sehr besonders ist. Das aktuelle Gebäude steht seit 1526 – die ersten Grundsteine von 1133 könnten sogar die «Stevensburg» gewesen sein, die dem Ort seinen heutigen Namen geben.

Ein Offenes Höchhus: Das ist das erklärte Ziel der Gemeinde Steffisburg und UND Generationentandem. Von links: Marc Hüppi, Leiter Abteilung Soziales Gemeinde Steffisburg, Reto Jakob, Gemeindepräsident von Steffisburg, Ursulina Huder, Präsidentin des Stiftungsrates der Stiftung Höchhus, Elias Rüegsegger, Geschäftsleiter von UND Generationentandem und Erika Kestenholz, Co-Präsidentin UND Generationentandem. – Bild: Hans-Peter Rub

Die Geschiche des historischen Höchhus

Bedeutung

Die Zweiergruppe der Höchhüser ist, ausser der Kirche, der älteste Gebäudekomplex in Steffisburg. Ihr Ursprung reicht ins späte Mittelalter zurück. Das markante Grosse Höchhus ist einer der wenigen im Kanton Bern erhaltenen ländlichen Herrensitze aus dieser Zeit. Im Rahmen der Sanierung des Gebäudes haben der Archäologische Dienst und die Denkmalpflege umfangreiche Untersuchungen vorgenommen und das Gebäude, wie es sich heute präsentiert, auf das Jahr 1526 datiert. Es entstand unter Verwendung einer älteren Anlage, bestehend aus mindestens zwei Steingebäuden und einem von einer Mauer umfassten Hof, der wohl aus dem 13. Jahrhundert stammt.

Laut den Archäologen könnte das Grosse Höchhus sogar auf den Mauerresten der lange gesuchten und 1133 erstmals erwähnten «Stevensburg», dem Namensgeber der Gemeinde, gebaut sein. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Grosse Höchhus mehrmals umgebaut, jedoch stets als Wohnhaus mit Ökonomieteil genutzt. Die Struktur blieb seit mehr als 400 Jahren im Wesentlichen unverändert – dieses wertvolle Erbe gilt es zu erhalten. Im Bauinventar des erhaltenswerten Baubestandes des Kantons Bern ist das Grosse Höchhus von Steffisburg als «gesamtschweizerisch wichtiger spätmittelalterlicher Herrschaftsbau» verzeichnet.

Durch die Jahrhunderte, eine kleine Historie

Obwohl bis zur Einführung der Grundbücher Ende des 18. Jahrhunderts kaum mehr Nachrichten über die Eigentumsverhältnisse vorliegen, scheint es ziemlich wahrscheinlich, dass im Verlauf des 16. Jahrhunderts sowohl das Kleine wie auch das Grosse Höchhus endgültig aus den Händen des Patriziats in einheimischen, bürgerlichen Besitz gelangten.

Vor dem 13. Jahrhundert – Spuren der «Stevensburg»?

Die Datierung der ältesten Spuren ist noch nicht gesichert. Eine Steinreihe, wohl der Sockel eines hölzernen Gebäudes und eine Schicht mit vielen Knochen aus Speiseabfällen, ist die älteste Zeugin einer Besiedlung. Sie ist mit grosser Wahrscheinlichkeit vor dem 13. Jahrhundert entstanden und könnte zu einer Vorgängeranlage gehört haben. Möglicherweise handelt es sich um die letzten Spuren einer hölzernen Burg – etwa sogar um die 1133 erstmals genannte «Stevensburg»?

13. Jahrhundert – Mauerreste einer Adelsburg

1.5 m dicke Mauerfundamente tragen heute Teile des Höchhus. Sie ragen aber weiter nach Norden als das heutige Gebäude und sind wohl als Mauerreste einer Adelsburg zu interpretieren. Die Tatsache, dass dieses Areal im Mittelalter Ort des Hochgerichts war, ist zudem historisch verbrieft.

14. Jahrhundert – Das Kleine Höchhus

Das kleine Höchhus wird durch die Adelsfamilie Kien erbaut.

15. Jahrhundert – Ritter Heinrich Matter erwirbt das Höchhus

Vermutlich liess der Berner Schultheiss Heinrich Matter das Höchhus um 1480 errichten. Dass Matter die Burg zusammen mit grossen Ländereien im Dorf und der Landschaft Steffisburg erworben hat, zeigt die Vorliebe der spätmittelalterlichen, bürgerlichen Führungsschicht Berns, Grundbesitz mit Herrschaftsrechten zu erwerben und sich so den Aufstieg in den Adel zu sichern.

Heinrich Matter – eine herausragende Persönlichkeit

Der bedeutende Berner Staatsmann Heinrich Matter war im 15. Jahrhundert Besitzer der Höchhüser. Das Grosse Höchhus hat er als Sommerresidenz genutzt. Von hier aus wurde zu Matters Zeit bernische, eidgenössische und internationale Politik betrieben.

Das burgerliche Geschlecht Matter spiegelt die Geschichte einer typischen Aufsteigerfamilie. Ursprünglich wohl einfache Gerber waren sie durch Handel zu grossem Reichtum gekommen und erscheinen seit der Zeit um 1400 als Ratsherren und Offiziere. Heinrich krönte den Aufstieg der Familie als er 1495 zum Berner Schultheissen gewählt wurde. 1496 wurde er auf der Romreise König Maximilians I. zum Ritter geschlagen.

Ritter Heinrich Matter und seine drei Töchter: Sgraffito von Roman Tschabold am Schönauschulhaus. – Bild: Stiftung Höchhus

16. Jahrhundert – der Übergang in die ländliche Oberschicht

Um 1526 findet ein umfassender Umbau im Höchhus statt, der dem heutigen Gebäude sein Aussehen verleiht. Aus dieser Zeit stammen die hervorragenden hölzernen Stuben im ersten und zweiten Obergeschoss. Die Umbauten stehen wohl im Zusammenhang mit dem Übergang des Hauses an den Statthalter Berns in Steffisburg, Peter Surer, der es 1525 pachtweise von Elsbeth d‘Affry, der Tochter Heinrich Matters übernahm. 1538 konnte er es erwerben. Nach den bernburgerlichen Aufsteigern kam nun die einheimische ländliche Oberschicht in den Besitz des prestigeträchtigen Gebäudes.

16. bis Anfang 19. Jahrhundert

Unklare und wechselnde Besitzverhältnisse.

Die Höchhuser, Oktober 1908. – Bild: Stiftung Höchhus

19. Jahrhundert

Aktuelle Untersuchungen haben im Erdgeschoss Reste eines Töpferofens zum Vorschein gebracht. Er wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts betrieben. Hergestellt wurden Blumentöpfe, Kaffeegeschirr sowie Tonpfeifen. Töpferöfen dieser Art haben in der Deutschschweiz eine mehr als 400 Jahre dauernde Tradition. Nur wenige Exemplare sind bis heute erhalten. Der Ofen von Steffisburg ist ein herausragendes und erhaltenswertes, technisches Kulturdenkmal. Er ist Zeugnis einer inzwischen weitgehend verlorenen Handwerkstradition.

1909

Andreas Moser kauft das Gut.

1944

Die Gemeinde Steffisburg erwirbt die Liegenschaft und verkauft sie noch im selben Jahr an Schreinermeister Schär.

1969

Der Steffisburger Ortsverein erwirbt das Haus, nachdem Mitte der 60er Jahre die Absicht der Gemeinde, das Haus zu übernehmen und zu renovieren in einer Volksabstimmung gescheitert war.

1979

Die Stiftung Höchhus übernimmt das Haus vom Ortsverein und verpflichtet sich, das historische Gebäude zu erhalten und der Bevölkerung in geeigneter Weise zugänglich zu machen.

1992

Der Stiftungsrat lässt aus Sicherheitsgründen wegen einem gebrochenen Balken einen Kellerraum restaurieren. Seit 1994 steht der Höchhuskeller für öffentliche oder private Anlässe zur Verfügung.

2007/2008

Eine umfassende Sanierung kann dank der Unterstützung der Gemeinde und weiterer Sponsoren in Angriff genommen und abgeschlossen werden.


Die Sanierung von 2007/08

Die Ausarbeitung und Umsetzung des Sanierungskonzeptes erfolgte durch das Architekturbüro HMS aus Spiez.

Grundsätzlich wurde das Grosse Höchhus von allen neuzeitlichen Einbauten und Verkleidungen befreit. Im Erdgeschoss wurde durch archäologische Grabungen ein seltener Töpferofen aus dem 19. Jahrhundert freigelegt. Der im 1. Obergeschoss durch Peter Surer im 16. Jahrhundert erstellte Festsaal wurde rekonstruiert und renoviert. Sämtliche übrigen Räumlichkeiten wurden in enger Zusammenarbeit zwischen Bauherrschaft, Kantonaler Denkmalpflege, Architekten und dem Archäologischem Dienst des Kantons Bern restauriert.

Das historisch wertvolle Höchhus kehrt zu neuem Glanz und Ruhm zurück!

Untergeschoss
Die bestehenden Bruchsteinmauern wurden unterfangen, damit grössere Räume für Lager, Kühlräume und Haustechnik geschaffen werden konnten.

Erdgeschoss
Zuerst wurden in den historischen Räumen die neuzeitlichen Einbauten und Verkleidungen entfernt. Die historische Bausubstanz wurde stabilisiert und die Tragfähigkeit gemäss heutigen Anforderungen wiederhergestellt. Die nordöstliche Gebäudeecke im ehemaligen Ökonomieteil, eine Ergänzung von 1944, wurde abgerissen. In diesem Bereich wurde die historische Bausubstanz mit einem Neubauteil ergänzt, in dem die Infrastruktur wie Kühlräume (UG), Gastroküche (EG), WC-Anlagen (1. OG) und Haustechnik (2. OG) untergebracht wurde. Im EG brachten die ärchäologischen Grabungen einen Töpferofen aus dem 19. Jahrhundert zu Tage, dessen Reste restauriert und im Restaurant mit einem Glasboden sichtbar gemacht wurden.

1. Obergeschoss
Wie bereits im Erdgeschoss wurden in den historischen Räumen zuerst die neuzeitlichen Einbauten und Verkleidungen entfernt. Die historische Bausubstanz wurde stabilisiert und die Tragfähigkeit gemäss heutigen Anforderungen wiederhergestellt. Die archäologischen Untersuchungen ergaben, dass der damalige Gebäudeeigentümer Peter Surer im 16. Jahrhundert im Rahmen seiner Umbauarbeiten in der Nordwestecke einen Festsaal erstellen liess. Dieser wurde rekonstruiert und kann für Anlässe gemietet werden. Die übrigen Räume wurden in Zusammenarbeit mit der Kantonalen Denkmalpflege restauriert und werden als Praxis- oder Gewerberäumlichkeiten vermietet.

2. Obergeschoss
In den historischen Räumen wurden die neuzeitlichen Einbauten und Verkleidungen entfernt. Die historische Bausubstanz wurde stabilisiert und die Tragfähigkeit gemäss heutigen Anforderungen wiederhergestellt. Die Räume wurden in Zusammenarbeit mit der Kantonalen Denkmalpflege restauriert und werden als Praxis oder Gewerberäumlichkeiten vermietet.

Dachgeschoss
Der Dachstuhl wurde von sämtlichen Ein- und Aufbauten befreit. Die Holzkonstruktion wurde wo nötig ergänzt und verstärkt, die Dachfläche isoliert und mit den bestehenden Ziegeln wieder eingedeckt. Dieser Raum wird von der Gemeinde Steffisburg für Versammlungen (z.B. die Sitzungen des Grossen Gemeinderates) und Ausstellungen genutzt. Er kann ausserdem für private Anlässe gemietet werden und bleibt somit öffentlich zugänglich.

Zusammenarbeit
Zu Beginn der Umbauarbeiten fanden umfangreiche archäologische Untersuchungen durch den Archäologischen Dienst des Kantons Bern statt. Diese dienten als Grundlage für das denkmalpflegerische Konzept der Sanierung, das in Zusammenarbeit zwischen Bauherrschaft, Kantonaler Denkmalpflege und den Architekten für die einzelnen Baumassnahmen definiert wurde.